magicmarcy.de | Wie man Fehler eingesteht – und warum das die beste Entwicklerqualität ist

Wie man Fehler eingesteht – und warum das die beste Entwicklerqualität ist

Zwischen den Zeilen • 7. November 2025 • Lesezeit: 4 Minuten

Es gibt kaum einen Beruf, in dem man so oft scheitert, wie in der Softwareentwicklung. Wir alle schreiben Code, der nicht funktioniert. Wir alle deployen Features, die unerwartete Nebenwirkungen haben. Und wir alle haben schon mal eine Datenbank gelöscht, ein Build-Skript ruiniert oder eine Endlosschleife in Produktion geschickt. Der Unterschied zwischen einem guten und einem schlechten Entwickler liegt dabei nicht darin, ob er Fehler macht – sondern wie er damit umgeht.

Viele Entwickler, besonders Einsteiger, sehen Fehler zunächst als persönliches Versagen. In unserer Branche, in der Kompetenz und Präzision so eng mit dem Selbstbild verknüpft sind, fällt es schwer, offen zu sagen: „Das war mein Fehler.“ Aber genau das ist es, was reife Entwickler ausmacht. Fehler sind keine Schande, sondern Teil eines ehrlichen Entwicklungsprozesses. Niemand lernt wirklich aus Erfolgen – Lernen entsteht aus Irrtümern, aus Ursachenanalysen, aus „Warum hat das nicht funktioniert?“.

Als Ausbilder sehe ich es immer wieder: Die besten Auszubildenden sind nicht die, die alles sofort richtig machen, sondern die, die Verantwortung übernehmen. Wenn jemand zu mir kommt und sagt: „Ich habe etwas kaputt gemacht, aber ich habe schon versucht herauszufinden, warum“, dann ist das ein Moment, in dem ich innerlich applaudiere. Denn dieser Satz zeigt Reife. Er zeigt, dass da jemand verstanden hat, worum es in der Softwareentwicklung wirklich geht – um Verantwortung, um Lernbereitschaft und um Teamgeist.

Ehrlichkeit im Team ist keine Schwäche. Sie ist die Grundlage für Stabilität und Vertrauen. Ein Team, in dem man Angst haben muss, Fehler zuzugeben, ist wie ein Kartenhaus – es sieht vielleicht stabil aus, aber es fällt beim ersten Windstoß in sich zusammen. Ein Team, in dem offen über Fehler gesprochen wird, wächst dagegen mit jedem Problem. Dort wird nicht nach Schuldigen gesucht, sondern nach Ursachen. Man analysiert, dokumentiert, verbessert. Es geht um Verantwortung, nicht um Schuld.

Verantwortung bedeutet: Ich stehe zu meinem Code. Ich erkenne an, dass mein Handeln Auswirkungen hat – auf den Betrieb, auf meine Kollegen, auf unsere Kunden. Aber Verantwortung bedeutet auch, gemeinsam Lösungen zu finden. Niemand ist allein. Fehler sind fast immer systemisch – sie entstehen, weil Prozesse unklar sind, weil Kommunikation hakt oder weil Annahmen falsch waren. Wer Fehler eingesteht, hilft nicht nur, den konkreten Bug zu beheben, sondern deckt oft tieferliegende Probleme auf, die sonst lange unentdeckt geblieben wären.

Und das hat einen erstaunlichen Nebeneffekt: Vertrauen wächst. Wenn ich als Kollege weiß, dass jemand ehrlich ist – dass er Probleme nicht vertuscht, sondern anspricht –, dann vertraue ich dieser Person auch in stressigen Situationen. Ich weiß: Wenn etwas schiefgeht, reden wir darüber. Wenn etwas nicht verstanden wird, fragen wir nach. Wenn jemand Unterstützung braucht, sagt er es. Dieses Vertrauen ist Gold wert, gerade in der Softwareentwicklung, wo Projekte komplex, Deadlines eng und Fehlerpotenziale groß sind.

Perfektion ist eine Illusion. Wir alle wissen das – aber im Alltag vergessen wir es gern. Statt Perfektion sollten wir Authentizität anstreben. Der beste Entwickler ist nicht der, der nie Fehler macht, sondern der, der mit Fehlern professionell umgeht. Der sie analysiert, kommuniziert und dafür sorgt, dass sie sich nicht wiederholen.

„Ihr sollt keine Angst vor Fehlern haben – ihr sollt Angst davor haben, sie zu verschweigen.“ Denn jeder verschleierte Fehler kostet am Ende mehr: mehr Zeit, mehr Vertrauen, mehr Nerven. Jeder ehrlich zugegebene Fehler dagegen ist eine Investition in die Zukunft – in dich selbst, in dein Team und in die Qualität eurer Software.

Also, wenn das nächste Mal etwas schiefgeht: Sag es. Steh dazu. Atme tief durch, erklär, was passiert ist, und arbeite mit deinem Team an der Lösung. Das ist kein Zeichen von Schwäche – das ist Professionalität. Und genau das unterscheidet gute Entwickler von großartigen.

Denn der beste Code entsteht nicht in einem fehlerfreien Umfeld – sondern in einem ehrlichen.

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