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Warum die Browserwahl wichtiger ist denn je

19. Mai 2025 - Lesezeit: 3 Minuten

Als Google im Jahr 2023 begann, den neuen Erweiterungsstandard Manifest v3 in Chrome einzuführen, ging ein spürbarer Ruck durch die Internet-Community. Die Kritik war laut: Werbeblocker wie uBlock Origin sollten kastriert werden, Nutzerfreiheiten eingeschränkt und die Kontrolle über den eigenen Browser geschwächt werden. Doch trotz all der Diskussionen blieb die große Wechselwelle aus. Und auch als Google Manifest v2 endgültig den Stecker gezogen hat– Chrome ist weiterhin der dominierende Browser weltweit.
Ich persönlich finde das bedauerlich. Nicht nur wegen der technischen Einschränkungen von Manifest v3, sondern vor allem, weil es wieder einmal zeigt, wie wenig kritisch viele Nutzer*innen mit der Wahl ihres Browsers umgehen.

 

Was ist Manifest v3 überhaupt?

Manifest v3 ist der neue Standard, mit dem Chrome und andere Chromium-basierte Browser Erweiterungen regeln. Er löst Manifest v2 ab und bringt unter anderem folgende Veränderungen:

  • Das alte background-Script wird durch service workers ersetzt, die nach kurzer Zeit wieder beendet werden – was die permanente Überwachung von Netzwerkanfragen erschwert.
  • Die WebRequest API, die viele Werbeblocker nutzen, wird eingeschränkt. Stattdessen sollen Erweiterungen nun die declarativeNetRequest API nutzen – was deutlich weniger flexibel ist.
  • Erweiterungen müssen ihre Filterlisten im Voraus registrieren und sind in ihrer Anzahl und Komplexität stark limitiert.

Google begründet diese Schritte mit Sicherheits- und Performancevorteilen. Das mag in Teilen stimmen – aber es ist auffällig, dass gerade jene Erweiterungen betroffen sind, die Googles Geschäftsmodell gefährlich nahe kommen: Werbeblocker.

 

Google: Richter, Kläger und Plattform zugleich

Es ist ein offenes Geheimnis: Google verdient den Großteil seines Umsatzes mit Werbung. Chrome als Browser-Plattform in Kombination mit der Suchmaschine, YouTube und dem Werbenetzwerk bietet dem Unternehmen eine einzigartige Position im Internet – und mit Manifest v3 nutzt Google diese Macht, um das Werbeerlebnis in seinem Sinne zu optimieren.

Ein Browser, der nicht nur Webseiten darstellt, sondern auch mitbestimmt, welche Tools Nutzer verwenden dürfen, ist in meinen Augen kein neutraler Vermittler mehr. Er ist Teil eines ökonomischen Ökosystems – und damit alles andere als unabhängig.

 

Und was hat sich wirklich verändert?

Trotz aller Aufregung: Viele Nutzer haben keine Änderungen bemerkt. Warum?

Viele Werbeblocker funktionieren (noch), weil sie entweder angepasst wurden oder in alternativen Chromium-Browsern wie Brave, Vivaldi oder Opera weiterhin Manifest v2 unterstützen. Nutzergewohnheiten sind träge – die Bequemlichkeit, Chrome weiter zu verwenden, überwiegt bei vielen die Sorge um Privatsphäre oder Kontrolle und die technischen Details sind unsichtbar – viele Menschen wissen schlicht nicht, was Manifest v3 ist oder warum es relevant wäre.

 

Gibt es Alternativen?

Ja, und sie sind besser als je zuvor:

  • Firefox: Mozilla hat angekündigt, Manifest v2 weiterhin zu unterstützen und verfolgt eine komplett andere Philosophie als Google.
  • Brave: Basierend auf Chromium, aber mit integriertem Werbeblocker und starkem Fokus auf Datenschutz.
  • LibreWolf: Ein Firefox-Fork ohne Telemetrie, mit Fokus auf maximale Privatsphäre.
  • Ungoogled Chromium: Der Name ist Programm – Chrome ohne Google.

 

Die Browserwahl ist nicht nur eine Frage der Oberfläche oder Geschwindigkeit – sie ist eine Entscheidung darüber, wem man die Kontrolle über sein Surferlebnis gibt. Manifest v3 ist für mich ein deutliches Signal, dass Google seinen Browser stärker als Teil seines Werbeimperiums betrachtet – und weniger als ein neutrales Werkzeug für freies Surfen im Netz.

Natürlich gibt es auch sachliche Argumente für Manifest v3, etwa in puncto Sicherheit und Stabilität. Schlecht geschriebene Erweiterungen können Browser verlangsamen oder sogar gefährlich werden. Aber diese Probleme lassen sich auch anders lösen – etwa durch eine verbesserte Prüfung im Erweiterungsstore oder granularere Berechtigungen. Stattdessen wird ein ganzer Zweig funktionaler Freiheit gekappt.

Mein Appell und ich kann es wirklich nicht oft genug sagen: Denkt über euren Browser nach. Der Wechsel ist einfacher, als man denkt – und lohnender, als es auf den ersten Blick scheint.

 

Quellen:

Akademische Analyse zu Manifest V3
https://arxiv.org/abs/2404.08310

Einschränkungen von uBlock Origin durch Manifest V3
https://www.theverge.com/news/622953/google-chrome-extensions-ublock-origin-disabled-manifest-v3

Marktanteil von Chrome
https://en.wikipedia.org/wiki/Web_browser#Browser_market

Kartellrechtliche Bedenken
https://www.washingtonpost.com/technology/2025/04/21/judge-could-force-google-sell-chrome-what-you-need-know/

LibreWolf: Datenschutzorientierter Firefox-Fork
https://en.wikipedia.org/wiki/LibreWolf

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