Die Präsentation in der IHK-Abschlussprüfung zum Fachinformatiker Anwendungsentwickler ist für viele Auszubildende der letzte große Schritt vor dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung. Sie bietet die Gelegenheit, das eigene Projekt noch einmal kompakt und verständlich darzustellen – nicht nur technisch, sondern auch kommunikativ. Dabei geht es nicht allein um das Zeigen von Quellcode oder Architekturdiagrammen, sondern vor allem darum, die Prüfer davon zu überzeugen, dass man das Projekt versteht, es selbstständig durchgeführt hat und die fachlichen Entscheidungen nachvollziehbar begründen kann.
Eine gute Vorbereitung auf die Präsentation beginnt mit einer klaren Struktur. Sie sollte nicht zu detailliert sein, aber dennoch alle wesentlichen Aspekte des Projekts abbilden. In der Regel bietet sich eine Gliederung in Einleitung, Projektbeschreibung, Umsetzung, Ergebnis und Fazit an. Diese Struktur ist den Prüfern vertraut und sorgt dafür, dass der Vortrag nachvollziehbar bleibt. Wichtig ist, dass man jeden Abschnitt mit einem klaren Ziel beginnt – was will ich hier vermitteln, was soll das Publikum am Ende verstanden haben? Diese Denkweise hilft, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und nicht in technischen Details zu verlieren.
Eine häufige Herausforderung besteht darin, die richtige Balance zwischen technischer Tiefe und Verständlichkeit zu finden. Die Prüfer sind selbst Fachleute, aber sie kennen das eigene Projekt in der Regel nicht. Deshalb sollte man Fachbegriffe präzise verwenden, aber auch kurz erläutern, wenn sie projektspezifisch sind. Es hilft, sich vorzustellen, man erkläre einem erfahrenen Entwickler, der das Projekt zum ersten Mal sieht, warum man bestimmte Entscheidungen getroffen hat. Wer beispielsweise eine REST-Schnittstelle implementiert hat, sollte kurz erwähnen, welche Vorteile sie im Vergleich zu anderen Kommunikationswegen bietet, ohne sich in HTTP-Header-Details zu verlieren.
Auch die Wahl der Visualisierung spielt eine große Rolle. Schaubilder, Screenshots und Diagramme können helfen, komplexe Sachverhalte zu verdeutlichen. Sie sollten jedoch übersichtlich und lesbar sein – überladene Folien wirken schnell unruhig und lenken vom Gesagten ab. Besonders in technischen Präsentationen ist es verlockend, Code auf die Folien zu packen. Das ist nicht grundsätzlich falsch, sollte aber sparsam und gezielt eingesetzt werden. Wenn ein Ausschnitt gezeigt wird, dann nur in einem Umfang, der in wenigen Sekunden verständlich ist. Längere Codebeispiele gehören in den Anhang der Projektdokumentation, nicht auf die Folie.
In der Präsentation sollte Code immer nur dann vorkommen, wenn er eine Entscheidung oder ein Prinzip verdeutlicht. Ein Beispiel für einen passenden Ausschnitt wäre ein kurzer Auszug, der etwa die Struktur einer REST-Resource oder einer Serviceklasse zeigt:
@Path("/users")
public class UserResource {
@Inject
private UserService userService;
@GET
@Path("/{id}")
public Response getUser(@PathParam("id") Long id) {
User user = userService.findById(id);
return Response.ok(user).build();
}
}
Ein solcher Ausschnitt reicht aus, um den Aufbau zu zeigen, ohne zu sehr ins Detail zu gehen. Das Ziel ist nicht, jede Zeile zu erklären, sondern das eigene Architekturverständnis zu demonstrieren. Technische Tiefe entsteht dabei nicht durch viele Klassen oder Frameworks, sondern durch die Fähigkeit, Entscheidungen zu begründen: Warum wurde eine bestimmte Technologie gewählt? Warum wurde eine Schichtentrennung so umgesetzt? Warum wurde ein Framework wie JPA oder CDI genutzt? Wer diese Fragen klar beantworten kann, zeigt Fachkompetenz.
Neben der fachlichen Darstellung ist der Umgang mit der Präsentationstechnik selbst entscheidend. PowerPoint, LibreOffice Impress oder Google Slides sind gängige Werkzeuge, die meist ausreichen. Wichtig ist, dass man seine Folien optisch einheitlich gestaltet und gut lesbare Schriftgrößen wählt. Die Prüfer sitzen oft ein paar Meter entfernt – was auf dem Laptop scharf aussieht, kann auf dem Beamer schnell unleserlich werden. Eine gute Faustregel ist, Textgrößen unter 18 pt zu vermeiden und bei Diagrammen auf klare Kontraste zu achten. Animationen oder Übergänge sollten sparsam eingesetzt werden, da sie oft mehr ablenken als helfen.
Technische Hilfsmittel wie Laserpointer, Presenter oder Notizen können den Ablauf erleichtern. Wenn man mit Notizen arbeitet, sollten diese aber nur als Gedächtnisstütze dienen – die Präsentation sollte frei und sicher wirken. Das bedeutet nicht, dass man alles auswendig können muss, sondern dass man sich im Thema so gut auskennt, dass man spontan formulieren kann. Die Prüfer merken sehr schnell, ob jemand nur einen Text auswendig gelernt hat oder tatsächlich weiß, wovon er spricht.
Die Präsentationszeit ist begrenzt, meist auf etwa 15 Minuten. Diese Zeit sollte sinnvoll auf die Abschnitte verteilt werden. Es ist ratsam, im Vorfeld mehrere Durchläufe zu machen und die Zeit zu stoppen. Dabei merkt man schnell, welche Teile zu lang oder zu kurz geraten. Besonders die Einleitung sollte knapp bleiben – sie dient nur dazu, das Thema und die Ausgangssituation zu erläutern. Mehr Gewicht sollte auf der Umsetzung und den Ergebnissen liegen, da hier die eigene Leistung sichtbar wird. Auch das Fazit sollte nicht unterschätzt werden. Es ist der Moment, in dem man das Projekt noch einmal rund abschließt, Verbesserungen benennt und zeigt, dass man reflektiert arbeiten kann.
Zur inhaltlichen Vorbereitung gehört auch, sich Gedanken über mögliche Nachfragen zu machen. Die Prüfer werden im Anschluss an die Präsentation Fragen stellen, die oft darauf abzielen, das Verständnis und die Selbstständigkeit des Prüflings zu überprüfen. Diese Fragen können sich auf technische Details, auf Alternativen oder auf organisatorische Aspekte beziehen. Wer sich im Vorfeld überlegt, welche Schwachpunkte oder kritischen Entscheidungen das Projekt enthält, kann souverän reagieren. Es ist kein Problem, eine Frage nicht sofort vollständig beantworten zu können – wichtig ist, ruhig zu bleiben und zu zeigen, dass man die Thematik grundsätzlich versteht.
Viele unterschätzen, wie stark Nervosität die Präsentation beeinflussen kann. Eine gute inhaltliche Vorbereitung ist die beste Grundlage, um selbstbewusst aufzutreten. Wenn man das Thema wirklich verstanden hat, kann man flexibel reagieren, auch wenn etwas anders läuft als geplant. Es hilft, den Vortrag mehrmals laut zu üben – am besten vor anderen Personen. Dabei erkennt man nicht nur sprachliche Stolperfallen, sondern bekommt auch ein Gefühl für die Dynamik und die Zeit. Eine gleichmäßige, ruhige Sprechweise wirkt kompetent und lässt dem Publikum Zeit, die Inhalte zu verarbeiten. Gestik und Mimik dürfen eingesetzt werden, sollten aber natürlich bleiben.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Interaktion mit den Prüfern. Auch wenn es sich um eine Prüfungssituation handelt, ist die Präsentation kein Monolog. Ein kurzer Blickkontakt, eine klare Sprache und eine offene Haltung können viel dazu beitragen, dass man überzeugend wirkt. Wer sich zu sehr an seine Folien klammert oder nur abliest, verliert schnell den Kontakt zum Publikum. Es lohnt sich, beim Präsentieren immer wieder den Fokus auf die Prüfer zu richten und sicherzustellen, dass sie dem roten Faden folgen können.
Am Ende entscheidet nicht nur die fachliche Qualität des Projekts über den Erfolg, sondern auch die Art, wie man sie vermittelt. Eine gelungene Präsentation zeichnet sich durch Struktur, Klarheit und Authentizität aus. Sie zeigt, dass man sein Projekt durchdrungen hat, technische Entscheidungen begründen kann und in der Lage ist, komplexe Sachverhalte verständlich zu präsentieren. Das ist letztlich genau das, was von einem Fachinformatiker in der Anwendungsentwicklung auch im Berufsalltag erwartet wird – und damit ein guter Abschluss der Ausbildung.

Hi, ich bin Marcel!
Als Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung und IHK-geprüfter Ausbilder teile ich auf meinem Blog Grundlagen- und Fortgeschrittenen-Wissen für angehende Entwickler*innen und Interessierte, sowie weitere spannende Themen aus der IT.