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YouTube vs. Firefox

3. Mai 2024 - Lesezeit: 14 Minuten

Der interessierte Beobachter wird bereits wissen, dass Google bzw. YouTube sehr daran interessiert ist, dass man zum Anschauen von Videos auf YouTube einen Chromium-basierten Browser verwendet, am besten natürlich Google Chrome. Und Google macht auch kein Geheimnis daraus, denn es gab in der Vergangenheit immer wieder Situationen, die für Firefox-Nutzer nicht ganz so angenehm waren und sind.

Aber was ist eigentlich der Grund dafür? Warum macht Google das, obwohl Chromium-basierte Browser einen Marktanteil von über 80% haben?

Anmerkung: Ich spreche hier allgemein von Google, auch wenn in einigen Fällen YouTube gemeint ist. Grundsätzlich ist Alphabet der Mutterkonzern. Welcher Bereich genau für was verantwortlich ist und wer letztendlich den Code für die verschiedenen Plattformen liefert, kann ich überhaupt nicht sagen - daher spreche ich allgemein von Google als Oberbegriff.

Browserverteilung 01/2009 bis 03/2024 - Quelle Statista: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/157944/umfrage/marktanteile-der-browser-bei-der-internetnutzung-weltweit-seit-2009/

Um das Thema in den richtigen Kontext zu stellen, müssen einige wichtige Details betrachtet werden.

Das 5-Sekunden Lag

Vor einiger Zeit wurde bekannt, dass Firefox-Benutzer absichtlich eine Verzögerung von 5 Sekunden erhalten, wenn sie Videos auf der YouTube-Plattform ansehen. Ja, richtig gelesen: absichtlich! Aufgefallen ist dies einigen Reddit-Usern, die sich über diese Verzögerung wunderten und zunächst von einem Fehler in Firefox ausgingen. Dem war und ist aber nicht so, denn diese Verzögerung wurde absichtlich in den JavaScript-Code von YouTube eingebaut. Der Reddit-Post im YouTube-Subreddit wurde übrigens von den Moderatoren gelöscht.

Codestelle, die vermeintlich für das Lag verantwortlich sein soll. Auszug aus dem Video "YouTube Has Gone Too Far This Time" von "Mental Outlaw" / https://www.youtube.com/watch?v=v4gXhmzQztE

Die meisten Nutzer vermuteten dahinter eine bewusste Benachteiligung von Firefox-Nutzern, um diese zur Nutzung von Chromium-basierten Browsern zu bewegen, nach dem Motto "die sind schneller - auch auf YouTube".

Das Video und die Thematik dahinter ist nun schon über 5 Monate alt - der Lag ist aber bis heute nachvollziehbar.

Manifest v3

Über das Manifest v3, was es ist und wozu es dient, ist schon viel gesagt und geschrieben worden. Ich möchte das hier nicht wiederholen, sondern nur darauf hinweisen, dass man es z.B hier nachlesen kann. Kurz gesagt geht es in diesem Manifest darum, wie Browser-Erweiterungen, z.B. Ad-Blocker, funktionieren und was sie dürfen. 

Google drängt seit einiger Zeit auf die Verwendung der Version 3 dieses Manifests, das sie selbst entworfen haben. Diese neue Version wird dazu führen, dass Entwickler von Erweiterungen weitere Einschränkungen hinnehmen müssen, da ihre Erweiterungen sonst nicht mehr funktionieren oder nicht mehr zugelassen werden.

Ein Beispiel: Entwickler von Ad-Blocker-Erweiterungen dürfen mit dem neuen Manifest maximal 5.000 Webseiten zu ihren zulassenden Listen hinzufügen. Das klingt zunächst viel und ausreichend, ist es aber nicht, denn es gibt Tausende von Quelldomains, die Werbung ausliefern. Ein Blick in die uBlock-Filterlisten zeigt, dass allein die EasyPrivacy-Filterliste bereits über 50.000 Einträge enthält. Und das ist nur eine von unzähligen Filterlisten, die in dieser Erweiterung verwendet werden oder verwendet werden können.

Das Ziel - insbesondere von Google - ist klar erkennbar: Werbung einblenden, denn damit verdient das Unternehmen sein Geld.

Eine grundsätzliche Diskussion über werbefinanzierte Gratisdienste soll hier nicht geführt werden.

Katz-und-Maus

Zwischen Google und den Entwicklern von Ad-Blockern, nicht nur uBlock, spielt sich schon seit längerem ein regelrechtes Katz-und-Maus-Spiel ab. Besonders deutlich wurde dies, als YouTube begann, Ad-Blocker zu "verbannen" und aggressiv gegen sie vorzugehen. Im Gegenzug hat YouTube seine Ad-Blocker-Erkennung immer wieder verfeinert und die Ad-Blocker-Entwickler haben nachgebessert. Ein ewiges Hin und Her.

Mit Manifest v3 und der Beschränkung der Filterlisten ist es für YouTube deutlich einfacher, Werbung zu schalten. Denn ein so großes Unternehmen ist in der Lage, weit über 5.000 Domains für die Schaltung von Werbung zur Verfügung zu stellen - vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass es sich eben um ein auf Werbung spezialisiertes Unternehmen handelt.

Fazit: Der wahre Grund für Manifest v3 und dem 5-Sekunden lag - Persönliche Meinung

Nun, ich persönlich glaube, dass die 5-Sekunden-Verzögerung nicht nur dazu dient, Firefox-Benutzer zu benachteiligen und sie dazu zu bringen, einen Chromium-basierten Browser zu verwenden. Ich denke, dass diese Implementierung vor allem dazu dient, die Erkennung anderer Browser und der verwendeten Adblocker zu testen und zu verbessern. Denn diese Erkennung brauchen sie für Manifest v3, und wenn sie absolut zuverlässig zwischen Firefox- und Chrome-Nutzern unterscheiden können, könnten sie in Zukunft Firefox-Nutzern einfach das Licht ausknipsen und generell den Zugang zu YouTube und anderen Google-Diensten verweigern. Wenn Firefox nicht mitspielt, ist es für Google ein Leichtes, Firefox auf die Liste der unsicheren Browserhersteller zu setzen und damit seine Dienste nur noch Anbietern zur Verfügung zu stellen, die das neue Manifest v3 wie von Google vorgesehen implementiert haben und sich damit dem Druck eines der größten Unternehmen der Welt zu beugen. Und Firefox hat laut Statista derzeit einen Marktanteil von 6,61% - das ist leider nicht mehr viel und für Google vermutlich ein leicht zu verschmerzender Verlust an Nutzern, die im Zweifelsfall dann eben zu einem Chromium-basierten Browser wechseln würden. Außerdem finanziert sich Firefox auch zu einem Großteil von Google. Google zahlt jedes Jahr einen Millionenbetrag um die Standard-Suchmaschine im Firefox zu sein.

Ich habe es schon vor Jahren gesagt: Wenn Google diktiert, wie unser Browser funktionieren darf, dann bestimmt Google auch, was wir im Internet (an)sehen dürfen - für mich ein absolutes No-Go.

Meiner Meinung nach sollten viel mehr Menschen alternative Browser in Betracht ziehen. Leider basieren die meisten Browser - und auch so ziemlich alle, die in letzter Zeit dazugekommen sind - eben auf Chromium und sind somit keine echten Alternativen. Echte Alternativen gibt es aktuell nur mit Safari, Firefox und deren Forks.

Was die Zukunft bringt, bleibt abzuwarten, aber ich befürchte, dass Firefox-Nutzer in Zukunft weitere Einschränkungen hinnehmen müssen und hoffe sehr, dass es hier nicht zum Schlimmsten kommt. Ich bin aber auch der Meinung, dass es gerade in der EU genügend Gesetze und Verordnungen geben sollte, die dieser Ungleichbehandlung der Nutzer einen Riegel vorschieben sollten.

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